Nebenberuflich mit der Blauen Karte EU arbeiten – Was möglich ist und worauf Sie achten müssen
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Ratgeber Recht

Nebenberuflich mit der Blauen Karte EU arbeiten – Was möglich ist und worauf Sie achten müssen

Für viele hochqualifizierte Fachkräfte aus Nicht-EU-Staaten ist die Blaue Karte EU das bevorzugte Einwanderungsinstrument, um in Deutschland Fuß zu fassen. Sie ermöglicht nicht nur den Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt, sondern ist auch ein Türöffner für einen langfristigen Aufenthalt und Familiennachzug. Doch was passiert, wenn man neben seiner hauptberuflichen Tätigkeit – zum Beispiel als IT-Experte, Ingenieur oder Wissenschaftler – zusätzlich selbstständig arbeiten möchte? Diese Fragestellung bewegt zahlreiche Menschen, die mit einem D-Visum nach Deutschland gekommen sind und nun auch unternehmerische Ambitionen verfolgen. In diesem Beitrag beleuchten wir, unter welchen Voraussetzungen eine nebenberufliche Selbstständigkeit mit der Blauen Karte EU möglich ist.

1. Darf man mit der Blauen Karte EU nebenberuflich tätig sein?

Viele Inhaber der Blauen Karte EU fragen sich irgendwann: Ist es mir eigentlich erlaubt, neben meinem regulären Job auch freiberuflich oder gewerblich tätig zu werden? Die kurze Antwort lautet: Es kommt darauf an. Denn rechtlich ist die Sache komplizierter, als es auf den ersten Blick erscheint.

Das Aufenthaltsgesetz (§ 18g AufenthG) spricht bei der Blauen Karte von einer „Beschäftigung“, was in der Regel eine abhängige Erwerbstätigkeit, also ein klassisches Arbeitsverhältnis, meint. Doch das bedeutet nicht automatisch, dass auch eine selbstständige Tätigkeit erlaubt ist. Laut Definition in § 2 Abs. 2 AufenthG und unter Bezug auf § 7 SGB IV wird im deutschen Recht ganz klar unterschieden zwischen:

  • Beschäftigung (abhängige Tätigkeit, z. B. als Angestellter)
  • Erwerbstätigkeit (umfasst sowohl abhängige als auch selbstständige Tätigkeiten)

Wenn im Aufenthaltstitel also ausschließlich die „Beschäftigung“ gestattet ist – etwa mit dem Zusatz „Beschäftigung bei Firma XY als Softwareentwickler erlaubt“ – ist die Ausübung einer nebenberuflichen Selbstständigkeit nicht automatisch eingeschlossen. Daraus folgt: Ohne ausdrückliche Genehmigung ist eine selbstständige Tätigkeit mit der Blauen Karte in der Regel ausgeschlossen.

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2. Unter welchen Bedingungen ist eine selbstständige Tätigkeit trotzdem möglich?

Trotz dieser rechtlichen Einschränkung besteht unter bestimmten Voraussetzungen die Möglichkeit, dass die Ausländerbehörde auch eine selbstständige Tätigkeit zusätzlich erlaubt. Hier kommt es entscheidend auf die sogenannte Nebenbestimmung im Aufenthaltstitel an: Die Ausländerbehörde kann auf Antrag eine Erweiterung der bestehenden Erlaubnis aussprechen – und zwar so, dass nicht nur die Beschäftigung, sondern die vollständige Erwerbstätigkeit gestattet wird. In diesem Fall findet sich im Chip der Aufenthaltserlaubnis oder im Bemerkungsfeld der Karte der Hinweis: „Erwerbstätigkeit erlaubt“.

Die gesetzliche Grundlage für eine solche Genehmigung findet sich in § 21 Abs. 6 AufenthG. Dort ist geregelt, dass auch Personen mit einem Aufenthaltstitel, der ursprünglich nicht für eine Selbstständigkeit gedacht ist, eine solche zusätzlich genehmigt bekommen können – unter Beibehaltung des ursprünglichen Zwecks. Wichtig zu wissen: Diese Erlaubnis muss gesondert beantragt werden und erfolgt nicht automatisch.

3. Sonderfall Berlin: Selbstständigkeit oft erlaubt

Ein bemerkenswerter Sonderfall ist die Verwaltungspraxis in Berlin. Das dortige Landesamt für Einwanderung (LEA) trägt bei der Erteilung der Blauen Karte EU häufig automatisch die Erlaubnis zur „Erwerbstätigkeit“ ein. Wer in Berlin lebt und seine Blaue Karte dort beantragt hat, kann damit ohne weitere Anträge nebenberuflich selbstständig arbeiten – sofern im elektronischen Aufenthaltstitel der Vermerk „Erwerbstätigkeit erlaubt“ enthalten ist. Doch Vorsicht: Diese Regelung gilt ausschließlich in Berlin. In Städten wie München, Frankfurt oder Hamburg wird in der Regel nur die Beschäftigung erlaubt. Wer dort zusätzlich eine selbstständige Tätigkeit aufnehmen möchte, muss – unabhängig vom Berufsfeld – einen separaten Antrag stellen.

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4. Antrag auf selbstständige Tätigkeit: So gehen Sie vor

Wenn Sie sich außerhalb Berlins befinden und eine selbstständige Nebentätigkeit mit der Blauen Karte EU aufnehmen möchten, müssen Sie bei Ihrer örtlichen Ausländerbehörde einen Antrag nach § 21 Abs. 6 AufenthG stellen. Die Behörde prüft dann im Rahmen ihres Ermessens, ob die geplante Tätigkeit genehmigungsfähig ist. Um die Chancen auf Erfolg zu erhöhen, müssen zahlreiche Unterlagen eingereicht werden (siehe hierzu z.B. den Guide der VISAGUARD-Rechtsanwälte zur selbstständigen Tätigkeit mit einer Blauen Karte EU). Ziel dieser Unterlagen ist es, glaubhaft darzustellen, dass die Hauptbeschäftigung weiterhin im Vordergrund steht und die Selbstständigkeit lediglich ergänzend ausgeübt wird. Die Einreichung erfolgt oft über ein Online-Formular oder per E-Mail. Prüfen Sie dazu die Website Ihrer jeweiligen Ausländerbehörde. Da es sich nicht um einen Rechtsanspruch handelt, ist eine sorgfältige Vorbereitung entscheidend. Im Zweifelsfall kann es hilfreich sein, juristischen Rat einzuholen, um den Antrag optimal zu begründen.

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5. Arbeitsrechtliche Stolperfallen: Wettbewerbsverbot und Zustimmung des Arbeitgebers

Zuletzt sei noch auf eine typische Stolperfalle bei der Selbstständigkeit mit der Blauen Karte EU hingewiesen: Selbst wenn Sie die Genehmigung der Ausländerbehörde für Ihre Selbstständigkeit erhalten haben, heißt das nicht automatisch, dass Sie auch arbeitsrechtlich auf der sicheren Seite sind. Denn viele Arbeitsverträge enthalten ein sogenanntes Wettbewerbsverbot. Dieses untersagt es dem Arbeitnehmer, Tätigkeiten auszuüben, die mit dem Unternehmen konkurrieren – sei es direkt oder indirekt. Auch zum Thema Wettbewerbsverbot finden Sie weitere Informationen auf der Homepage der VISAGUARD-Rechtsanwälte.

6. Fazit: Selbstständig mit der Blauen Karte EU – möglich, aber gut vorbereiten

Die Aufnahme einer selbstständigen Nebentätigkeit mit der Blauen Karte EU ist grundsätzlich möglich – aber nicht selbstverständlich. Entscheidend ist, welche Nebenbestimmungen Ihre Aufenthaltserlaubnis enthält und in welchem Bundesland Sie leben. In Berlin ist eine selbstständige Tätigkeit oft automatisch erlaubt, sofern „Erwerbstätigkeit erlaubt“ vermerkt ist. In anderen Bundesländern ist häufig nur die Beschäftigung erlaubt – hier ist ein zusätzlicher Antrag erforderlich. Zudem müssen Sie immer auch das Arbeitsrecht im Blick behalten und ggf. die Zustimmung Ihres Arbeitgebers einholen.

Über den Autor: Der Autor ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Migrationsrecht in Berlin. Er ist Gründer und Inhaber der auf Fachkräfteeinwanderung und Arbeitsmigration spezialisierten Anwaltskanzlei VISAGUARD.Berlin. VISAGUARD berät Führungskräfte, Fachkräfte, Arbeitgeber und Unternehmer in den Bereichen Aufenthaltsrecht und Arbeitsrecht in Berlin und bundesweit.

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