Seit Anfang 2015 gilt das Tarifautonomiestärkungsgesetz, das vor allem Bekanntheit für die Einführung des Mindestlohns erlangt hat. Zum Zeitpunkt der Einführung betrug er 8,50 €. Dieser Betrag wird in zweijährigem Turnus von einer Kommission erneut geprüft und angepasst. Im Jahr 2018 beträgt er aktuell 8,84 € und 2019 steht die nächste Änderung der untersten Lohngrenze an. Welche Regeln und Ausnahmen gelten für die Auszahlung an Mitarbeitern in Ihrem Betrieb?
Was ist der Mindestlohn und wie setzt dieser sich zusammen?
Der Mindestlohn ist als Schutz gegen zu niedrige Löhne für Arbeitnehmer gedacht. Für gewöhnlich handeln Arbeitnehmer und Arbeitgeber den Stundenlohn frei aus und legen diesen vertraglich fest. Während Tarifverträge hier bereits eine Einschränkung vorsehen, deckelt der Mindestlohn flächendeckend die untere Gehaltsgrenze von Arbeitnehmern. Wird dieser Wert unterschritten, besitzen die betroffenen Mitarbeiter eine rechtliche Handhabe gegen die zu geringe Entlohnung. Tarifverträge verfolgen ein sehr ähnliches Ziel und sind regional oder in bestimmten Bundesländern bindend. Sie werden zwischen Arbeitgeberverbänden und Gewerkschaften ausgehandelt und verfolgen einen vertretbaren Kompromiss für beide Parteien. Nicht jeder Unternehmer untersteht direkt einer solchen Tarifvereinbarung. Dennoch ist er zur Prüfung eines branchenbezogenen Tarifbeschlusses verpflichtet. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales kann per Antrag einen regionalen Tarifvertrag branchenweit ausdehnen. Trifft dieser Fall ein, ist auf jeden Fall unabhängig vom Standort in Deutschland der festgelegte Mindestlohn zu bezahlen. Der Mindestlohn beinhaltet neben dem herkömmlichen Stundenlohn bereits Vergütungen wie Sonderzahlung für Urlaub und Weihnachten. Diese stellen nur dann einen Anteil des Lohns, wenn Sie keinen anderen Zeitpunkt zur Auszahlung per Vertrag vorgesehen haben. Die Höhe des Grundgehalts ist völlig unabhängig von diversen Zuschlägen wie Überstunden, Schichten, Zulagen für besondere Gefahren und Arbeitszeiten an Sonn- oder Feiertagen. Solche Beträge dürfen Sie nicht zum normalen Stundengehalt zählen und dienen der Vergütung von Arbeitsleistungen unter erschwerten Bedingungen.
– Der Mindestlohn setzt die Untergrenze für das Grundgehalt fest
– Er kann je nach vertraglicher Regelung zusätzliche Vergütungen (Weihnachten, Fahrtkostenerstattung) bereits beinhalten
– Schichten, Überstunden und außergewöhnliche Arbeitsbedingungen werden gesondert entlohnt
Ausnahmen vom Mindestlohn – wann greift die Regelung nicht?
Auch 2018 gelten weiterhin Ausnahmen, nach denen Sie Mitarbeitern Ihres Unternehmens keinen Mindestlohn auszahlen müssen. In erster Linie dienen diese Lücken der Flexibilität und ermöglichen dem Arbeitgeber die Beurteilung neuer Mitarbeiter im Betrieb, die keinerlei Berufserfahrung oder Ausbildung vorweisen können. Dazu gehören Personen ohne abgeschlossene Berufsausbildung, die noch nicht das 18. Lebensjahr erreicht haben. Auszubildende sind jederzeit im Rahmen ihrer Schulung von der Lohnuntergrenze freigestellt. Praktikanten mit schulischem Hintergrund unterliegen ebenfalls dieser Einschränkung. Bei freiwilligen Praktika von Studenten oder angehenden Auszubildenden, die zum Kennenlernen der Branche dienen, ist der Mindestlohn für maximal drei Monate ausgesetzt. Bei Langzeitarbeitslosen dehnt sich diese Frist auf bis zu ein halbes Jahr aus. Suchen Jugendliche nach einer Einstellungsqualifizierung als vorbereitende Maßnahme für eine Berufsausbildung im Sinne des Berufsbildungsgesetzes, sind Sie auch in diesem Fall nicht an den Mindestlohn gebunden. Wird eine Stelle ehrenamtlich besetzt, entfällt ebenfalls die Bindung an eine Lohnuntergrenze. Der ehemalige Abschlag für Zeitungszusteller gilt inzwischen nicht mehr. Seit dem 1. Januar 2018 erhalten auch Zeitungsboten die vollen 8,84 € Stundenlohn. Für Arbeitnehmer im Hotel- und Gaststättengewerbe existieren bis zum Ende des Jahres 2018 noch Sonderregeln. Befristete Tätigkeiten, die saisonal bedingt sind, erhalten immer den Mindestlohn. Jedoch fehlen Beiträge zur Renten-, Sozial- und Arbeitslosenversicherung für Mitarbeiter, die weniger als 70 Tage Arbeit leisten und nicht mehr als 450 € im Sinne einer geringfügigen Beschäftigung verdienen. Ab 2019 reduziert sich die Anzahl auf 50,9 Tage. Ausschlussfristen für Ansprüche geleisteter Arbeit, wie sie etwa für Überstunden im Arbeitsvertrag vereinbart werden, lassen sich nicht auf den Mindestlohn übertragen. Hierfür gewährt der Gesetzgeber Arbeitnehmern bis zu drei Jahre Bedenkzeit. Achtsames Vorgehen ist bei der Auslagerung von Aufträgen an externe Arbeitskräfte geboten. Reichen Sie Ihre Aufträge zur Erfüllung an einen Drittanbieter am Markt weiter, besteht für Sie eine Kontrollpflicht zur Einhaltung des Mindestlohnes. Im Zweifelsfall ist daher eine schriftliche Bestätigung des Drittanbieters als Versicherung heranzuziehen. Die ausgehandelten Branchenmindestlöhne sind von den Ausnahmen nicht betroffen. An dieser Stelle müssen Sie zwischen Branche und allgemeinem Mindestlohn differenzieren.
Welche Konsequenzen erwarten Sie bei Missachtung des Mindestlohnes?
Die Verweigerung der Auszahlung des Mindestlohnes an die eigenen Mitarbeiter gilt als Straftatbestand. Um Ihren Lohn gebrachtes Personal kann Sie vor Gericht unter anderem wegen Lohnwuchers verklagen. In der Regel fällt der Prozess zu Gunsten der Arbeitnehmer aus und als Ausgleich erhalten Sie den ihnen gesetzlich garantierten Geldbetrag. Die Urteile besitzen eine rückwirkende Bindung und sind somit nicht nur auf die nachfolgenden Arbeitstage zu übertragen. So müssen Sie bei Nichtbeachtung des Mindestlohns auch zu späterem Zeitpunkt mit einer erfolgreichen Klage gegen Sie rechnen. Prozesskosten und Nachzahlungen stellen ein extremes Risiko für die finanzielle Zukunft des Unternehmens dar. Gleichzeitig ruft dies Versicherungsträger auf den Plan. Offenbaren Betriebsprüfungen bei den Löhnen offensichtliche Lücken, fordern auch Sozialversicherungsträger den ihn eigentlich zustehenden und unterschlagenen Anteil ein. Ursache dafür ist der Unterschied zwischen vorgesehener und real gezahlter Entlohnung. Dadurch entstehen neue Beitragspflichten gegenüber der Sozialversicherung, selbst wenn keinerlei Klagen seitens der geschädigten Mitarbeiter gegen Sie angestrebt werden. Die Lohnsteuer ist davon jedoch ausgenommen. Diese basiert immer auf dem tatsächlich ausgezahlten Lohn. Daher fallen in diesem Bereich keine nachträglichen Forderungen an Sie an. Eine Unterwanderung der gesetzlichen Vorschriften bleibt langfristig nie im Verborgenen. Maximal kann eine Geldbuße bis zu 500.000 Euro gegen Sie verhängt werden. Eine zu stark verzögerte Auszahlung des Mindestlohns genügt bereits als Anlass zur Klage. Allein bei einer unvollständigen Dokumentation der geleisteten Arbeit von Mitarbeitern liegt eine Ordnungswidrigkeit vor. In diesem Fall drohen bis zu 30.000 Euro Strafe. Verantwortlich für die Kontrolle der Mindestlohnregelung zeichnet sich die Zollverwaltung.
Aktuelle Beispiele für den Mindestlohn
Der allgemeine Mindestlohn von 8,84 € gilt nur für Bereiche, in denen keine Untergrenze für die Branche vereinbart wurde. Diese dürfen aber die gesetzliche Vorgabe seit Ende 2017 nicht länger unterschreiten. Zu Beginn des Jahres 2018 haben einige Branchen ihren spezifischen Mindestlohn erneut angepasst. Es folgen ein paar Fallbeispiele zur Veranschaulichung, mit welchen Größenordnungen Sie bei der Bezahlung rechnen müssen. Zwischen West und Ost existieren leichte Schwankungen in der vorgesehenen Höhe der Entlohnung. Einige Branchen regeln den Mindestlohn nach Bundesland. Dies erschwert zusätzlich die Übersicht, da eine einheitliche Trennung zwischen West und Ost oder eine bundesweite Regelung fehlt. Eine Kürzung des Branchenbeschlusses mit Verweis auf den niedriger angesetzten, gesetzlichen Mindestlohn ist nicht gestattet.
– Leiharbeit und Zeitarbeit 9,49 € (West), 9,27 € (Ost)
– Maler- und Lackierer 10,60 € (ungelernt), 13,30 € (Geselle West), 12,40 € (Geselle Ost) ab Mai 2018
– Steinmetz und Bildhauer 11,40 € bundesweit ab Mai 2018
– Pflegebranche 10,55 € (West), 10,05 € (Ost)
– Berufliche Aus- und Weiterbildung 15,26 €
– Elektrohandwerk (Montage) 10,95 € bundesweit
Hier finden Sie einen aktuellen Mindestlohnrechner